Geschichten und Musik

Schlagwort: NaNoWriMo Seite 1 von 2

Schnee

Der dritte Advent ist da und damit der Schnee, also ging es heute morgen mit dem Schneeschieber los. Da ich im November nichts zum NaNoWriMo habe verlauten lassen, gibt es hier einen Nachklapp-Schnipsel zum diesjährigen Roman. Yorgen (samt Krischi) habe ich beim Charakter-Wichteln im Tintenzirkel von Czara Niyaha bekommen. Er ist ein Nachkomme der hier schon mehrfach erwähnten Orks.

* * *

Adventskalender 3 - SchneeYorgen schaute dem Treiben bei der Akademie eine Weile zu. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es um diese Jahreszeit schneien konnte. Zu Hause in Uwo war jetzt noch Sommer, wenn sie wieder zurückkamen, wäre wohl der Herbst schon bemerkbar. Aber sie waren eben am anderen Ende der Welt, und hier ging der Winter ins Frühjahr über und wollte sich noch nicht geschlagen geben.

Auf dem Hügel bei der Akademie waren Leute mit Schlitten und Skiern unterwegs. Damit hatte sich Yorgen noch nie näher befasst, denn auf Uwo gab es nicht so viel offenes Gelände. An dem Hügel dort hatten die Kinder eine Menge Spaß, aber aus dem Alter war er heraus. Das überließ er seinen Geschwistern.

Das hier sah schon etwas verwegener aus, und wenn er es richtig verstanden hatte, taten sich die Studierenden zusammen und fuhren in großen Reisekisten weiter hinauf in die Berge, um dort noch waghalsigere Abfahrten zu unternehmen. Ob er sich einer von diesen Gruppen anschließen konnte? Nach dem Festakt und dem Ärger mit den Elementarwesen waren die Tage bis zu ihrer Abreise für Verhandlungen und Papierkram vorgesehen. Dabei wurde Yorgen nicht gebraucht.

Er fragte sich, wie die Vanilbären wohl auf das Wetter reagierten. Sie hatten die weite Reise zu verkraften, die fremde Umgebung, einen Anschlag mit Elementargeschossen, und jetzt auch noch Schnee. Vermutlich bekam ihnen all das nicht besonders gut.

Im Tiergarten waren noch Morgenläufer unterwegs. Andere schoben die Wege frei, teils mit großen Schaufeln, teils mit speziell ausgerüsteten Transportkisten. Auf der Wiese, wo es vor wenigen Tagen gebrannt hatte, war eine Schneeballschlacht im Gang. Yorgen machte einen großen Bogen um sie. Er misstraute Wurfgeschossen inzwischen sehr.

Die meisten Tiere schienen sich nichts aus dem Wetter zu machen. Sie standen bei ihrem Futter oder geschützt unter Bäumen. Manche spielten genauso ausgelassen im Schnee wie die Zweibeiner. Als er zum Gehege der Vanilbären neben dem Alten Herrenhaus kam, sah es dort anders aus. Es lag wie verlassen, nicht einmal das Futter war angerührt. Eine Studentin mit braunem Pferdeschwanz stand davor und suchte systematisch jeden Winkel ab. Der Käfig war mit Ästen, Laub und allerlei Spielzeug ausgestattet, das jetzt unter weißen Hauben steckte. „Ich sehe sie nicht“, sagte sie unglücklich. „Und drin in der Hütte sind sie auch nicht.“

Yorgen war nicht sicher, ob er gemeint war. „Können sie denn ausgebrochen sein?“, fragte er trotzdem.

Die Studentin fuhr erschrocken herum und brauchte einen Augenblick, sich zu fassen. „Entschuldigung“, murmelte sie dann. „Ich dachte, es wäre …“

„Tut mir leid, ich bin Yorgen. Aus Uwo“, fügte er hinzu.

„Ach so. Ah ja.“ Dann schaltete sie: „Ihr habt die zwei doch mitgebracht. Weißt du vielleicht, wo sie sich verstecken könnten?“

Er schüttelte den Kopf. „Sie tarnen sich nicht sehr gut, schon gar nicht auf Schnee.“ Dann suchte er genau wie sie den Käfig ab, jeden Ast, jedes Seil, jedes lauschige Eck.

„Können wir in die Hütte gehen?“, fragte er dann.

Sie nickte. „Ach so, ich heiße Vareke“, sagte sie noch, dann ging sie voran in die Hütte. Sie hatte einen Schlüssel. Dann war sie wohl für die Versorgung der beiden Bären zuständig.

Drinnen war es ebenfalls verdächtig still. Zwei Kästen in der richtigen Größe hingen als Schlafhöhlen an der Wand, eine Stange führte zu ihnen hin. Vareke streckte sich und versuchte, in die Kästen hineinzuschauen.

„Soll ich dir Hilfestellung geben?“, fragte Yorgen und hielt ihr die Hände hin.

Sie schüttelte halbherzig den Kopf. Offenbar traute sie dem Ork doch nicht ganz über den Weg. Er zuckte die Schultern. „Na dann.“

Er griff in seine Jacke und holte Krischi heraus.

„Du hast ja eine Ratte!“, rief Vareke begeistert. „Und so schön gescheckt!“

Yorgen grinste. „Das ist Krischi. Sie kann uns helfen, die Vanilbären suchen.“

„Darf ich sie mal streicheln?“

Er schaute Krischi an. Sie beäugte Vareke neugierig und schnupperte an ihrer Hand. „Sieht aus wie ja“, meinte er.

Vorsichtig strich Vareke Krischi über den Kopf und machte ihr Komplimente. „Und du kannst auch noch Bären suchen?“, fragte sie dann. „Ja, mach das, wir Zweibeiner finden sie nämlich nicht. – Ist sie deine Vertraute?“, wandte sie sich an Yorgen.

Er schüttelte den Kopf. „So viel Magie habe ich nicht. Aber irgendwie verständigen wir uns meistens doch.“

„Spannend“, sagte Vareke.

Yorgen schickte Krischi in die beiden Schlafhöhlen. Man hörte sie darin rumoren, dann kam sie aus der zweiten mit einem Stück weißer Rinde wieder. Darauf war mit Kohle ein Gesicht gezeichnet, das die Zunge herausstreckte. Ein pelziges Gesicht mit Hauern.

* * *

Mehr Schnee (und ein warmes Feuer im Ofen) gibt es bei Schatzzeiger.

NaNoWriMo – Vorzeitiges Ende

NaNoWriMo SchnipselEs ist noch nicht so lange her, da habe ich mich über ein internationales Großereignis gefreut, das Corona nicht über den Haufen werfen kann, den NaNoWriMo. Das ist auch immer noch richtig, es schreiben noch viele tolle Leute viele wunderbare Geschichten. Für mich nimmt die Sache aber ein vorzeitiges Ende, und das liegt zumindest indirekt an Corona.

Virtuelle Gangster

Anfang November habe ich ein Übersetzungsprojekt an Land gezogen, das mal etwas aus dem Rahmen fällt – ein Computerspiel aus dem Russischen. (Das Original war dem Vernehmen nach chinesisch.) Der Text wurde zwischen mir und einer Kollegin geteilt. Also so weit machbar bis erfreulich. Nur ist die Kollegin leider krank geworden … Ich vermute, dass es um mehr geht als einen verdächtigen Kontakt oder einen positiven Test. Unsere Zunft bleibt sowieso meist auch dann zu Hause, wenn kein Infektionsschutz angesagt ist. Also wünsche ich alles Gute in die Ferne und kümmere mich um alle weiteren Belange der virtuellen Gangster.

Lesestoff

Damit (und noch ein paar anderen Projekten, die sowieso immer laufen) sind meine Kapazitäten zum Tippen und Wörter dressieren allerdings aufgebraucht. Ich kriege es noch hin, die Schreibaktionen anderer Leute im Auge zu behalten und auch ein paar andere Dinge zu lesen, wenn auch nicht ganz so viel, wie ich gerne würde. Zurzeit bin ich an einer spanischen Space Opera, mit der ich allerdings nicht besonders warm werde. Vielleicht ist das einfach nicht mein Genre und Leute, die gern Perry Rhodan lesen, würden damit glücklicher. Also steige ich demnächst auf sibirische Märchen um.

Noch ein Hinweis zu mehr Lesestoff: Die Longlist für den KrePFL (Krefelder Preis für fantastische Literatur) wurde bekanntgegeben, und es stehen einige interessante Titel von guten Autor_innen drauf. Stöbern lohnt sich auf jeden Fall (siehe hier).

Und wer in diesem Jahr neben allen anderen Abenteuern einen Roman veröffentlicht hat bzw. das bis Ende Dezember noch tut, kann das Werk zum Seraph 2021 einreichen.

 

 

 

NaNoWriMo – Schnipsel 8

Heute Nacht erscheint ein Computerspiel, an dem ich mit übersetzt habe. Deshalb wurde es die letzten Tage und auch heute noch einmal etwas hektisch, und der NaNoWriMo-Schnipsel Nr. 8 kommt wieder erst nach Mitternacht. Mit meiner Heldin und ihrem Reisegefährten bin ich nicht wirklich warm geworden, also kommt jetzt eine Schurkin zu Wort, die bisher nur einen Decknamen hat – die Fächertänzerin Glenda Bowles.

NaNoWriMo Schnipsel

Ich hatte gerade mein tägliches Training begonnen, als ein Laufbursche von Sir Nicolai in den Saal kam. Von Parkett ließ er sich nicht aufhalten, von der Meisterin schon. Sir Nicolai könnte sich wirklich bessere Dienerschaft leisten.
Jedenfalls brachte mir der Junge ein Brieflein, das an Glenda Bowles adressiert war. „Kommen Sie sofort zu Helmington’s Tea Shop.“
Allein aus Ärger über diesen Tonfall hätte ich eine andere von uns schicken sollen. Aber die Neugier war stärker. Die Nachricht war so dürr gehalten, dass ich nicht anders konnte, als mir die wildesten Schwierigkeiten zu überlegen, die in jenem anderen Böhmen aufgetreten sein konnten.
Trotzdem musste ich wenigstens meine halbe Stunde konzentriert zu Ende bringen, sonst war ich mein Engagement los. Und nur von den paar Shilling, die bei Sir Nicolai abfielen, konnte ich meine Miete nicht zahlen.

* * *

Danach machte ich mich aber gleich auf den Weg. Die Herren durften ruhig merken, dass ich noch einen anderen Beruf hatte. Zum Training kam ich immer in einem leichten Kattunkleid, das musste jetzt auch für Helmington’s Tea Shop genügen. Und es wird sich wohl niemand wundern, dass es dort weder Tee gab noch irgendjemand Helmington hieß.
Sir Nicolai erwartete mich in seinem Arbeitszimmer. Es war so nüchtern eingerichtet, keine Bilder, keine Hausbar, Mobiliar aus der Fabrik. Es schien fast, als wollte Sir Nicolai den Eindruck erwecken, dass dies seine Tarnadresse war.
Bei ihm saß Colonel Walker. Nicht das hellste Licht an der Lampe, aber absolut königstreu.
„Wir haben ein Problem, Miss … Bowles“, begann Sir Nicolai ohne Umschweife. Die Pause sollte wohl anzeigen, dass er wusste, dass dies ein falscher Name war – den er mir, eigentlich uns, gegeben hatte, weil er es notwendig fand.
Ich knickste und zwitscherte: „Ja, Sir.“
„Mr. Maxwell meldet sich seit einigen Monaten nicht mehr.“
„Oh.“ Das war eine Schwierigkeit, an die ich nicht sofort gedacht hatte.
„Sie müssen nach dem Rechten sehen.“
„Jetzt gleich?“, fragte ich. „Heute noch?“
Sir Nicolai nickte.
War das der richtige Zeitpunkt, um zu feilschen? Ich versuchte es wenigstens.

* * *

 

#Autor_innensonntag und NaNoWriMo – Schnipsel 7

Beim #Autor_innensonntag von Justine Pust geht es diesmal um die Frage: glückliches oder trauriges Ende. Da muss ich nicht lange überlegen, ich gehöre eindeutig zur ersten Fraktion. Ich möchte, dass meine Held_innen ihre Aufgaben lösen und ihre Welt im Rahmen ihrer Möglichkeiten etwas besser machen.

Um dahin zu kommen, werden sie sehr wahrscheinlich gegen Schurk_innen kämpfen und diese besiegen. Die müssen dabei aber keines grausamen Todes sterben oder auf der Galeere enden. Entweder finden sie gleich einen sinnvollen Platz in der „etwas besseren“ Welt, oder sie können untertauchen und noch eine Weile danach suchen. Nur ihre Macht sind sie am Ende des Abenteuers los.

Notfalls darf am Schluss sogar geheiratet werden.

* * *

Auf etwas Ähnliches wird es wohl auch in meinem NaNoWriMo-Roman hinauslaufen. Das Ende für die Bösewichte ist bereits geplant und vorbereitet, jetzt muss ich nur noch darauf zu schreiben. Und für meine beiden Hauptfiguren wird es Zeit, zu ihrer Quest aufzubrechen.

NaNoWriMo Schnipsel

„Bitte sehr.“ Mr. Durie sah sie erwartungsvoll an.
Sie schluckte noch einmal und begann mit dünner Stimme: „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind …“
„Wandern“, erinnerte Mr. Durie leise.
Das brachte sie völlig aus dem Konzept, sie musste von vorn beginnen. Diesmal setzte sie gleich die Finger direkt am Neckarstrand auf die Karte. Es schien zu funktionieren, gleichzeitig mit den Fingern wandern und singen.
Sollte sich da jetzt etwas tun? Sie wiederholte dreimal: „… wo wir Menschen sind“, und ging dann zum Summen über.

* * *

„Was machen Sie denn da?“
Lea fuhr herum. „Geht Sie das … Oh, guten Tag, Frau Fischer.“
„Ach, Sie sind das. Und der junge Mann, der gestern in den Laden geplatzt ist wie Mephisto in Auerbachs Keller. Warum wundert mich das jetzt nicht?“
Mr. Durie strahlte sie gar nicht teuflisch an.
„Das kann ich Ihnen auch nicht sagen“, erwiderte Lea. „Aber wir handeln nicht mit Drogen und wir planen keinen Anschlag. Wir haben uns zum Lernen verabredet.“ Endlich hatte sie lange genug gequatscht, dass ihr eine Ausrede einfiel.
„So, Sie planen also keinen Anschlag? Meinen Sie, ich merke das nicht? So aufgewühlt ist das Qi hier sonst nie!“
„Wer?“ Da fiel ihr wieder ein, welche Bücher Frau Fischer bevorzugte. „Bevorstehende Klausuren sind eben aufregend.“
„Sie studieren doch gar nicht mehr, Sie sind doch schon viel zu alt!“
„Ich hänge noch einen Master in Geografie an.“
„So, so. Das lässt sich nachprüfen.“
„Bitte sehr, tun Sie das.“ Nur lassen Sie uns jetzt in Ruhe.
„Ja, das tue ich. Komm, Fuchur, wir gehen.“ Ihr kleiner weißer Hund schnupperte sehr interessiert an der Dose, in der Wanda steckte. Die Kröte knarrte drohend.

* * *

Frau Fischer warf noch einen sehr finsteren Blick auf die Dose, sagte aber nichts mehr. Mit kerzengeradem Rücken ging sie davon.
„Nur gut, dass die Polizei wegen aufgewühltem Qi nicht ausrückt“, sagte Lea.

 

NaNoWriMo – Schnipsel 6

Bevor es weitergeht mit NaNoWriMo-Schnipsel Nr. 6 möchte ich noch auf eine Ausschreibung hinweisen. Einsendeschluss ist im nächsten Frühjahr, das Thema eignet sich aber wunderbar, um in dieser Jahreszeit geschrieben zu werden: Bei FaKriRo (wieder so eine tolle Abkürzung: Fantasy, Krimi, Romance) werden Beiträge zu einer Adventskalender-Anthologie gesucht. Das Motto lautet “Gemeinsam mehr erreichen”.

Und jetzt geht es weiter mit Die Kartenreisende. Lea weiß bisher noch nichts von ihrem Beruf, muss aber langsam mal Vorbereitungen für ihre erste Reise treffen.

NaNoWriMo Schnipsel

„Haben Sie eine Karte von diesem Ort?“, fragte Mr. Durie.
„Bestimmt“, antwortete Lea abwesend. „Schauen Sie im Kartenzimmer nach.“ Sie fand inzwischen heraus, dass die Hauptstadt von Liechtenstein Vaduz hieß und der dazugehörige Bahnhof in der Nachbargemeinde Schaan lag.
Mr. Durie stand noch immer neben ihr und sah sie erwartungsvoll an.
„Ich weiß nicht, ob wir eine aktuelle Karte von Liechtenstein da haben“, sagte sie schließlich. „Die meisten Bestände hier sind schon älter.“
„Ihr Onkel muss eine haben.“
„Woher …“ Doch, natürlich. Mr. Durie wusste, welche Landkarten Onkel Carl privat besaß. Und Lea hatte eine Vorstellung, wo sie steckten. „Na gut“, sagte sie. „Ich zeige Ihnen unsere geheimen Vorräte. Vielleicht können Sie damit ja etwas anfangen.“
Sie holte die nötigen Schlüssel aus der Schublade und ging voran in den Keller.

* * *

Mr. Durie sah sich sehr interessiert um, wie immer. „Ist das die Pyramide, von der Sie erzählt haben?“
„Ja.“
Er ging näher heran und betrachtete das matt glänzende Gebilde. „Was ist das für ein Holz?“
„Ich weiß es nicht.“ Es war kräftig gemasert mit einem leicht rötlichen Einschlag.
„Yew“, meinte er. „Ist das nicht ein magischer Baum?“
„Kann sein.“ Lea hatte keine Ahnung, wovon er redete, und überhaupt kannte sie sich mit Holzarten nicht aus. Ein Ikea-Regal aus „Kiefer unbehandelt“ war das Höchste der Gefühle.
Dafür hatte sie einen Verdacht, in welchem der Schränke die Karten sein könnten, die sie suchten, nämlich exakt der neben dem halbhohen mit der Pyramide. Das war ein sehr schmales Modell. Bei geöffneter Tür zeigte sich, dass jemand mit wenig Sachverstand viele Fächer eingebaut hatte. Vielleicht war das gute Stück deshalb auf dem Sperrmüll und letzten Endes hier im Keller gelandet.

* * *

In den Fächern lagen in der Tat Landkarten. Ein aktueller Weltatlas, darunter Reiseführer und Detailkarten nach Kontinenten sortiert. Auch die waren so aktuell, wie sie in Zeiten von Navis und Google Maps eben noch gedruckt wurden. „Meinen Sie so etwas?“, fragte sie.
Mr. Durie, der noch immer die Pyramide inspizierte und noch mehr Möglichkeiten gefunden hatte, sie zu zerlegen, wandte sich irritiert zu ihr um.
Sie hielt ihm den Atlas hin.
„Wenn darauf Liechtenstein zu finden ist … das ist doch nicht so groß, oder?“

* * *

NaNoWriMo – Schnipsel 5

Der Tag heute war ein wenig hektisch. Für ein Spiel, an dem ich mit übersetze, rückt der Erscheinungstermin näher, deshalb kamen allerlei Änderungen in letzter Minute hereingeflogen. Zusätzlich zu den regulären Texten für ein anderes Spiel, das gerade erst im Entstehen ist.

Trotzdem hat die Zeit gereicht, um die nötigen Wörter für heute zu schreiben und meine Heldin einiges über die Vergangenheit ihrer Familie entdecken zu lassen. Es folgt NaNoWriMo-Schnipsel Nr. 5, aus meinem Roman “Die Kartenreisende”, gerade rechtzeitig zu Mitternacht fertig geworden.

NaNoWriMo Schnipsel

Noch einmal stellte sich Lea vor dem Schrank auf die Zehenspitzen und holte die nächste Mappe heraus. Darauf stand nun allerdings „Phantásien“. Was sollte das? Lea öffnete sie und stieß auf die vergrößerte erste Seite aus einem Asterix-Heft. Dahinter steckten die Karte von Mittelerde, mehrere Regionalkarten von Aventurien und anderen fantastischen Landschaften. Etliche waren ebenfalls mit der Stricknadel bearbeitet worden. Von wem? Onkel Carl?
Lea schluckte. Seit gestern hatte sie reichlich Übung darin bekommen, unmögliche Dinge zu glauben. Also warum sollte sie nicht annehmen, dass ihr verschrobener Onkel mithilfe von kopierten Landkarten und einem mäßig spitzen Gegenstand in fantastische Welten reiste? Wenn er nun eine davon als sein Zuhause ansah, wurde die Sache kompliziert. Dann müssten sie herausfinden, welche Welt das war, und dort nach der verlorengegangenen Königin fahnden.
Ging das überhaupt? Das würde ihr Miles morgen sicher erzählen können. Lea legte die „Phantásien“-Mappe wieder an ihren Platz und nahm sich das nächste Schrankfach vor.

* * *

Darin standen dicht an dicht Fotoalben in allen Größen. Eins davon fiel Lea besonders ins Auge. Mit fast echtem Ledereinband, Metallbeschlägen und dubiosen Edelsteinen sollte es wohl einen mittelalterlichen Folianten darstellen. Sie zog es vorsichtig heraus und schlug es auf.
An einem weißen Strand schlenderte ihre Mutter, die Schuhe in der Hand, auf einen lichten Wald zu. Zwischen den schlanken Stämmen schimmerte etwas Weißes. Ein Pferd vielleicht.
Das Foto daneben zeigte von Leas Mutter nur eine Schulter und ein Stück des Hinterkopfs, dafür das Weiße umso deutlicher. Es hatte einen pferdeähnlichen Kopf, mit einem kleinen Bärtchen unter dem Kinn und einem Horn auf der Stirn.

* * *

Bevor Lea ihre nächste Frage im Kopf fertig ausformuliert hatte, sah sie auch schon die Fotos, die sie beantworteten. Über mehrere Bilder kamen Mensch und Tier einander näher. Das Einhorn war von verschiedenen Seiten aufgenommen, auf einem Bild hatte es ein Vorderbein für den nächsten Schritt erhoben. Sein Schweif war mal auf der einen Seite des Körpers zu sehen, mal auf der anderen.

* * *

NaNoWriMo – Schnipsel 4

Hier kommt NaNoWriMo-Schnipsel Nr. 4: Die gestern begonnene Teeparty wird fortgesetzt. Der Verhaftete ist der in Schnipsel 1 vermisste Onkel Carl.

NaNoWriMo Schnipsel

„Verhaftet?“ Hatte sie das richtig verstanden? Sie kreuzte die Handgelenke, was hoffentlich nach gefesselt aussah.
„Im Gefängnis, genau.“
„Warum?“
„Wir wissen es nicht genau. Unser Anwalt nimmt sich der Sache an, aber sie ist reichlich verworren.“
Er machte eine Kunstpause. Offenbar sah sie ungeduldig genug aus, dass er weitererzählte. „Ihr Onkel soll Waffen geschmuggelt haben …“
„Nach Schottland? Für die Unabhängigkeitsbewegung?“
Er zog die Augenbrauen hoch. „Für wen, weiß wohl niemand. An der Grenze ist es in letzter Zeit wieder zu Zwischenfällen gekommen, und es gibt auf beiden Seiten Leute, die sehr laut mit den Säbeln rasseln. Unser Interimskönig ist leider ganz vorn mit dabei …“
„Interims … König …“ Wer sollte das sein? „Moment.“ Wie sagte man Kurpfalz auf Englisch? „Sind Sie gerade im Reich von Kaiser Wilhelm zu Besuch?“
„Das hatte ich jetzt angenommen?“
„Irrtum. Sie sind in der Bundesrepublik Deutschland …“
„Verzeihung, natürlich. Carl hat mir davon erzählt, aber ich habe das nicht wirklich ernst genommen.“
„Und ich die Sache mit dem Kaiserreich nicht.“

* * *

Sie schauten einander an. Leas Gedanken rasten. Entweder fiel sie gerade auf eine groß angelegte Täuschung herein, oder ihr Onkel steckte in einer Parallelwelt fest. Im Gefängnis. Was war das Schlimmste, was passieren konnte? Variante B stimmte, und Onkel Carl drohte eine harte Strafe.
„Wissen Sie, welche Strafe mein Onkel zu erwarten hat?“
„Eine … hohe. Er könnte …“ Er brach ab.
So schlimm, dass man es nicht einmal aussprechen konnte? „… auf der Galeere enden?“
„Am Galgen.“
Also doch. Dann sollte sie davon ausgehen, dass es so war, und alles tun, um ihren Onkel wieder hierher zu schaffen, wo es keine Todesstrafe gab.
„Und was kann ich tun, um das zu verhindern?“
„Den Interimskönig stürzen.“
„Ich? Den König von Schottland? Wie kommen Sie denn darauf?“

* * *

 

NaNoWriMo – Schnipsel 3

Heute habe ich stilecht bis kurz vor Mitternacht geschrieben und in letzter Minute meine 5000 Wörter auf der NaNoWriMo-Seite eingetragen. Deshalb kommt Schnipsel Nr. 3 erst so spät. Ich hoffe, er macht trotzdem Spaß. Es handelt sich um den Auftritt des Helden.

NaNoWriMo Schnipsel

Lea setzte für sich selbst einen Tee auf und holte einen neuen seichten Krimi aus dem Regal. Wenn sie sich ablenken musste, brachte sie in kürzester Zeit eine Menge Lesestoff durch.

Donner krachte. Funken flogen. Frau Friedrich kreischte. Lea sprang auf.
Vor ihr stand ein schlanker Mann mit braunen Locken und strahlte sie an.
„Was soll das? Was machen Sie hier?“
Er antwortete überschwänglich.
Lea war zu sehr damit beschäftigt, das altertümliche Outfit des Mannes zu bestaunen, und erst recht die Kröte, die er ihr auf der flachen Hand präsentierte wie ein Geschenk, um ihn zu verstehen. Erst, als er eine Pause machte und sie fragend ansah, ging ihr auf, dass er wohl Englisch gesprochen hatte.
„Was ist los? Was ist passiert? Sind Sie verletzt?“ Frau Friedrich kam aus dem Zauberzimmer angelaufen.
„Alles in Ordnung“, sagte Lea schwach. „Haben Sie gefunden, was Sie suchen?“ Sie hangelte sich an den vertrauten Formeln entlang, als ob sie über einen Abgrund balancieren müsste.
Frau Friedrich starrte den Fremden an. Der verbeugte sich ausladend. „Your servant, madam.“
„Haben Sie hier so einen Lärm gemacht?“
Das brachte ihn jetzt wohl doch aus der Spur. Vermutlich verstand er sie gar nicht.
„Ja“, mischte sich Lea ein. „Der Herr ist mit dem Aufsteller an der Tür zusammengestoßen.“ Sie streckte die Hand nach dem Buch aus, das Frau Friedrich dabeihatte. „Darf ich Ihnen das abziehen?“
„Äh, ja.“ Die Kundin schaute den Fremden noch immer verdattert an.
Lea tippte den Betrag in die Kasse. „Möchten Sie eine Tüte dazu?“
„Nein, das geht so.“ Frau Friedrich nahm ihr Buch in Empfang und ging rückwärts aus dem Laden, den Blick immer noch fest auf den seltsamen Mann im Tweedanzug gerichtet.

* * *

Der atmete auf, als sie gegangen war. Dann fragte er: „Are you Fräulein Mayer?“
„Die Fräuleins sind ausgestorben, und ich heiße Körber.“ Zum Nettsein reichte es noch nicht. Aber sie könnte wenigstens versuchen, ihre Englischkenntnisse wiederzufinden.
Der Mann nahm einen neuen Anlauf. „Miles Durie at your service, miss. Of Randoll & Sons, bookbinders.“
„Was?“ Das war die Firma ohne Kontaktdaten, die Charlie ihr genannt hatte. Trotzdem musste sie sich zusammennehmen. „Nice to meet you“, sagte sie mit aufgesetztem Lächeln. „Would you like a cup of tea?“ Zumindest in den Krimis war das die Zauberformel, um eine Unterhaltung ins Laufen zu bringen.
„With pleasure.“

* * *

NaNoWriMo – Schnipsel 2

Hier kommt NaNoWriMo-Schnipsel Nr. 3 aus meinem Roman in Arbeit “Die Kartenreisende”. Die nötige Wortzahl für heute ist erreicht.

Noch ist Lea nicht zu großen Abenteuern aufgebrochen, sie bekommt gerade erst eine Ahnung, wo es hingeht. Ob Till im weiteren Verlauf der Handlung noch einmal auftaucht, steht noch nicht fest.

NaNoWriMo Schnipsel

Als Lea sich durch eine mittelalterliche Reisebeschreibung am Rhein entlang las, ging die Türklingel. Sie unterdrückte einen Seufzer, legte ihr Buch weg und stand auf.
Herein kam Till, stämmig wie eh und je. Was wollte der noch von ihr? Der sollte doch längst in Amt und Würden sein.
„Hi“, sagte er.
„Hi.“
„Ich hab gehört, sie hätten dich nicht verlängert?“
„Mal wieder“, erwiderte Lea. „Deshalb bin ich hier.“
„Stimmt, du hattest hier ja schon öfter gejobbt. Taugt das was?“
Sie nickte. „Wenig Stress, fast kein Publikumsverkehr. Das ist was ganz anderes als Schule.“

* * *

Er schaute sich im Salon um. „Kann ich mir vorstellen. Kommst du hier zum Sterne gucken?“
„Och ja, manchmal schon. Auf dem Königsstuhl.“ Sie merkte, wie sie rot wurde. Hoffentlich fragte er nicht nach, wie oft sie tatsächlich dort gewesen war.
„Hast du Lust, da wieder mehr einzusteigen?“
„Lust schon …“
„Aber?“
„Wann und wo soll das denn sein?“
„Gar nicht weit weg. Starkenburg.“
„Da bist du doch aktiv, oder?“
„Nicht mehr lang. Ich brauch jemand, der das Projekt übernimmt. Oder die“, schob er hastig nach.
„Um was geht’s?“
„Schülerbetreuung.“
Sie schüttelte den Kopf. Das brauchte sie sich gar nicht länger anzuhören. Schließlich hatte sie das Lehramtsstudium deshalb an den Nagel gehängt. Um Till abzulenken, fragte sie dagegen: „Und warum gehst du da weg? Wenigstens aus nem spannenden Grund?“
Er grinste und nickte heftig. „Ich zieh nach Schottland. Nationalpark Cairngorms. Ist auch Lichtschutzgebiet.“
„Cool“, sagte sie. „In Schottland war ich schon ewig nicht mehr.“
„Seit der Tour im zweiten Semester?“
„So ungefähr. Mensch, ich werd alt.“
„Darfst du schon zu Ü30-Partys?“
Sie zuckte die Schultern. „Hab ich noch nie probiert.“

* * *

„Planst du mal wieder einen Ausflug?“
„Hm, wieso?“
Er deutete auf den Stadtplan. „Da steht Edinburgh drauf.“
„Nö“, sagte Lea. „Die Karte ist mir zufällig in die Finger gefallen, und jetzt …“
Till verrenkte den Oberkörper, um die Karte auf dem niedrigen Couchtisch besser sehen zu können. „Die ist aber schon was älter, oder?“
„Weiß nicht …“
„Da ist kein Parlamentsgebäude drauf.“
Lea zuckte zusammen. Schnell warf sie einen Blick auf die betreffende Stelle. Tatsächlich, das ausladende Gebäude mit seinen Gärten direkt am Holyrood Palace fehlte. Stattdessen war eine große Kreuzung zu sehen, dahinter ein Gewirr aus kleinen Straßen und Gässchen. „Stimmt“, sagte sie lahm. „Die muss dann schon älter sein. Aber dafür sind wir ja auch im Antiquariat.“

* * *

NaNoWriMo – Schnipsel 1

Wie versprochen kommt heute noch der NaNoWriMo-Schnipsel Nr. 1: der erste Auftritt meiner Heldin Lea, mit der ich die nächsten vier Wochen und 50.000 Wörter verbringen will.

Außerdem ein Hinweis auf zwei Ausschreibungen, die allerdings erst nächstes Jahr fällig werden: Littera Magia geht unter dem Titel Versunken unter Wasser (so wie hier, hier und hier), die Geschichtenzisterne widmet sich dagegen dem Feuer und seinen Wesen.

Für Kurzentschlossene, die keinen NaNo, aber dafür auf Niederländisch schreiben, hat bei Hebban die Möglichkeit, Aussichten auf bessere Zeiten zu entwickeln.

Aber jetzt weiter zur Geschichte: Die Kartenreisende

Im Laden war Ruhe. So gehörte sich das. Lea setzte sich mit einer großen Tasse Tee an den Computer und schaute die Bestellungen im Online-Shop durch. Auch die waren überschaubar. Seit sie die Konten selbst verwaltete, fiel es ihr immer schwerer, die Frage auszublenden, wie Onkel Carl sein Antiquariat am Laufen hielt. Und wovon er seine Reisen finanzierte.

Jetzt schlug doch die Klingel über der Tür an. Lea stand auf und machte sich auf den Weg in den Salon. Dort standen nicht ganz so viele Regale wie in den anderen Räumen unterwegs, denn es war Platz für eine Sofagarnitur und einen altertümlichen Schrank, in dem eine ziemlich neumodische Teeküche untergebracht war.

Ist niemand da?“, fragte die Kundin gleich, als sie Lea erblickte.

Wie Sie sehen …“

Der Chef, meine ich.“

Nein, Herr Mayer ist nicht im Hause. Was kann ich für Sie tun?“

Ich hatte da ein Buch bestellt. Ist das immer noch nicht da?“

Wie war denn Ihr Name?“

Die Frau schien ganz entsetzt, dass Lea sie nicht auf den ersten Blick erkannte. „Friedrich. Fernanda Friedrich.“

Lea griff ins Abholfach und zog Kalifornien, das Land der Weite heraus. Der Aufmachung nach ein Reiseführer für Möchtegern-Hippies, knapp fünfzig Jahre alt. „Bitte sehr.“

Oh. Das sieht aber zerfleddert aus. Haben Sie das nicht eingeschweißt?“

Das war damals noch nicht so üblich.“ Lea nannte den ziemlich niedrigen Preis, Frau Friedrich zahlte, immer noch leise meckernd.

Also, wenn Herr Mayer wieder da ist, muss ich mich mal mit ihm unterhalten. Da kann man doch bestimmt was machen.“ Sie schaute Lea fragend an, als ob sie mit einmal Abstauben die gebrauchten Bücher in den Regalen in druckfrische Exemplare verwandeln könnte.

Ich sage ihm Bescheid, dass Sie hier waren.“ Lea tat, als notierte sie sich etwas.

Haben Sie dazu auch eine Landkarte?“, fragte Frau Friedrich.

Von Kalifornien? Weiß ich nicht, da müsste ich nachschauen.“ Lea hatte keine große Lust, die Zimmer mit den Landkarten zu betreten. Es war ihr schon immer unheimlich erschienen.

Dann tun Sie das bitte.“ Die Kundin wurde ungeduldig.

Na schön. Eigentlich war es ja auch ihr Job, wenn Onkel Carl sich wieder in der Gegend herumtrieb. Normalerweise lautete seine Anweisung, dass sie Anfragende vertrösten sollte, bis er wieder zurückkam. So lang wie jetzt war er noch nie ausgeblieben.

Ich zeige Ihnen, was wir haben.“ Sie nahm den Schlüssel aus der Schublade und ging mit der Kundin in Richtung Amerika.

* * *

Seite 1 von 2

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén