Wie versprochen kommt heute noch der NaNoWriMo-Schnipsel Nr. 1: der erste Auftritt meiner Heldin Lea, mit der ich die nächsten vier Wochen und 50.000 Wörter verbringen will.

Außerdem ein Hinweis auf zwei Ausschreibungen, die allerdings erst nächstes Jahr fällig werden: Littera Magia geht unter dem Titel Versunken unter Wasser (so wie hier, hier und hier), die Geschichtenzisterne widmet sich dagegen dem Feuer und seinen Wesen.

Für Kurzentschlossene, die keinen NaNo, aber dafür auf Niederländisch schreiben, hat bei Hebban die Möglichkeit, Aussichten auf bessere Zeiten zu entwickeln.

Aber jetzt weiter zur Geschichte: Die Kartenreisende

Im Laden war Ruhe. So gehörte sich das. Lea setzte sich mit einer großen Tasse Tee an den Computer und schaute die Bestellungen im Online-Shop durch. Auch die waren überschaubar. Seit sie die Konten selbst verwaltete, fiel es ihr immer schwerer, die Frage auszublenden, wie Onkel Carl sein Antiquariat am Laufen hielt. Und wovon er seine Reisen finanzierte.

Jetzt schlug doch die Klingel über der Tür an. Lea stand auf und machte sich auf den Weg in den Salon. Dort standen nicht ganz so viele Regale wie in den anderen Räumen unterwegs, denn es war Platz für eine Sofagarnitur und einen altertümlichen Schrank, in dem eine ziemlich neumodische Teeküche untergebracht war.

Ist niemand da?“, fragte die Kundin gleich, als sie Lea erblickte.

Wie Sie sehen …“

Der Chef, meine ich.“

Nein, Herr Mayer ist nicht im Hause. Was kann ich für Sie tun?“

Ich hatte da ein Buch bestellt. Ist das immer noch nicht da?“

Wie war denn Ihr Name?“

Die Frau schien ganz entsetzt, dass Lea sie nicht auf den ersten Blick erkannte. „Friedrich. Fernanda Friedrich.“

Lea griff ins Abholfach und zog Kalifornien, das Land der Weite heraus. Der Aufmachung nach ein Reiseführer für Möchtegern-Hippies, knapp fünfzig Jahre alt. „Bitte sehr.“

Oh. Das sieht aber zerfleddert aus. Haben Sie das nicht eingeschweißt?“

Das war damals noch nicht so üblich.“ Lea nannte den ziemlich niedrigen Preis, Frau Friedrich zahlte, immer noch leise meckernd.

Also, wenn Herr Mayer wieder da ist, muss ich mich mal mit ihm unterhalten. Da kann man doch bestimmt was machen.“ Sie schaute Lea fragend an, als ob sie mit einmal Abstauben die gebrauchten Bücher in den Regalen in druckfrische Exemplare verwandeln könnte.

Ich sage ihm Bescheid, dass Sie hier waren.“ Lea tat, als notierte sie sich etwas.

Haben Sie dazu auch eine Landkarte?“, fragte Frau Friedrich.

Von Kalifornien? Weiß ich nicht, da müsste ich nachschauen.“ Lea hatte keine große Lust, die Zimmer mit den Landkarten zu betreten. Es war ihr schon immer unheimlich erschienen.

Dann tun Sie das bitte.“ Die Kundin wurde ungeduldig.

Na schön. Eigentlich war es ja auch ihr Job, wenn Onkel Carl sich wieder in der Gegend herumtrieb. Normalerweise lautete seine Anweisung, dass sie Anfragende vertrösten sollte, bis er wieder zurückkam. So lang wie jetzt war er noch nie ausgeblieben.

Ich zeige Ihnen, was wir haben.“ Sie nahm den Schlüssel aus der Schublade und ging mit der Kundin in Richtung Amerika.

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