Bevor es weitergeht mit NaNoWriMo-Schnipsel Nr. 6 möchte ich noch auf eine Ausschreibung hinweisen. Einsendeschluss ist im nächsten Frühjahr, das Thema eignet sich aber wunderbar, um in dieser Jahreszeit geschrieben zu werden: Bei FaKriRo (wieder so eine tolle Abkürzung: Fantasy, Krimi, Romance) werden Beiträge zu einer Adventskalender-Anthologie gesucht. Das Motto lautet “Gemeinsam mehr erreichen”.

Und jetzt geht es weiter mit Die Kartenreisende. Lea weiß bisher noch nichts von ihrem Beruf, muss aber langsam mal Vorbereitungen für ihre erste Reise treffen.

NaNoWriMo Schnipsel

„Haben Sie eine Karte von diesem Ort?“, fragte Mr. Durie.
„Bestimmt“, antwortete Lea abwesend. „Schauen Sie im Kartenzimmer nach.“ Sie fand inzwischen heraus, dass die Hauptstadt von Liechtenstein Vaduz hieß und der dazugehörige Bahnhof in der Nachbargemeinde Schaan lag.
Mr. Durie stand noch immer neben ihr und sah sie erwartungsvoll an.
„Ich weiß nicht, ob wir eine aktuelle Karte von Liechtenstein da haben“, sagte sie schließlich. „Die meisten Bestände hier sind schon älter.“
„Ihr Onkel muss eine haben.“
„Woher …“ Doch, natürlich. Mr. Durie wusste, welche Landkarten Onkel Carl privat besaß. Und Lea hatte eine Vorstellung, wo sie steckten. „Na gut“, sagte sie. „Ich zeige Ihnen unsere geheimen Vorräte. Vielleicht können Sie damit ja etwas anfangen.“
Sie holte die nötigen Schlüssel aus der Schublade und ging voran in den Keller.

* * *

Mr. Durie sah sich sehr interessiert um, wie immer. „Ist das die Pyramide, von der Sie erzählt haben?“
„Ja.“
Er ging näher heran und betrachtete das matt glänzende Gebilde. „Was ist das für ein Holz?“
„Ich weiß es nicht.“ Es war kräftig gemasert mit einem leicht rötlichen Einschlag.
„Yew“, meinte er. „Ist das nicht ein magischer Baum?“
„Kann sein.“ Lea hatte keine Ahnung, wovon er redete, und überhaupt kannte sie sich mit Holzarten nicht aus. Ein Ikea-Regal aus „Kiefer unbehandelt“ war das Höchste der Gefühle.
Dafür hatte sie einen Verdacht, in welchem der Schränke die Karten sein könnten, die sie suchten, nämlich exakt der neben dem halbhohen mit der Pyramide. Das war ein sehr schmales Modell. Bei geöffneter Tür zeigte sich, dass jemand mit wenig Sachverstand viele Fächer eingebaut hatte. Vielleicht war das gute Stück deshalb auf dem Sperrmüll und letzten Endes hier im Keller gelandet.

* * *

In den Fächern lagen in der Tat Landkarten. Ein aktueller Weltatlas, darunter Reiseführer und Detailkarten nach Kontinenten sortiert. Auch die waren so aktuell, wie sie in Zeiten von Navis und Google Maps eben noch gedruckt wurden. „Meinen Sie so etwas?“, fragte sie.
Mr. Durie, der noch immer die Pyramide inspizierte und noch mehr Möglichkeiten gefunden hatte, sie zu zerlegen, wandte sich irritiert zu ihr um.
Sie hielt ihm den Atlas hin.
„Wenn darauf Liechtenstein zu finden ist … das ist doch nicht so groß, oder?“

* * *