Heute wird der Lesestoff von gestern fortgesetzt: “Verhandlungspartner” – Teil 4 einer SF-Geschichte aus dem vorigen Jahrhundert. Hier sind Teil 1, Teil 2 und Teil 3.

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Aljoscha hatte seinen Kollegen nie geglaubt, wenn sie sagten, von einem Fun­ker würden übermenschliche Fähigkeiten verlangt. Gewöhnlich verbrachte er seine Zeit im Orbit damit, mit der Pilotin Stual Schach zu spielen. Wenn Stepian auch an Bord blieb, reichte es für ein ausgedehntes Durak-Spiel. Aber heute …

Erst hatte Miriam angerufen und für “den späten Nachmittag” ein Trans­port­shuttle mit Sirup angefordert. Das war noch normal. Die Cresdecks reagierten auf Zucker und Ähnliches wie auf eine Droge, was sie in Aljoschas Augen gleich viel sym­pa­thischer machte. Für einen Vertragsabschluß konnte diese Vorliebe natürlich sehr praktisch sein. Aber dann hatte Miriam ihm ihr soeben er­fundenes Lely-Pro­jekt er­klärt. Es kostete ihn einige Stunden, sechs Wasser­bau­ingeni­eure in der näheren Um­ge­bung von Studhor ausfindig zu machen, die grund­sätz­lich bereit waren, bei der Trockenlegung eines Meeresarms mit­zuarbeiten. Bei vieren davon hielt sich so­gar die geforderte Be­zah­lung in dem von Tenzerpharma gesteckten Rahmen. Mit den beiden anderen verhandelte Aljoscha noch.

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Da meldete sich Dr. Koneïda. Das kam sehr selten vor. Sie bat um ein Trans­port­shuttle mit einer Reihe von Medi­ka­men­ten und Geräten. Aljoscha verstand nicht viel von Medizin, aber das klang nach einem größeren Unfall oder gar einem Kampf. Er gab den Technikern die nötigen Anweisungen, wobei er sich mehrfach auf den Regel 18, Notfälle, berufen mußte. Natürlich war es gegen die Vor­schrif­ten, daß er irgend jemandem Instruktionen erteilte, und einen Ungläubigen wie ihn verwiesen die Neokaledonier besonders gern auf seinen Platz.

Aber Dr. Koneïda hatte noch mehr zu berichten. Die Direktoren, mit denen Miriam und Stepian verhandelten, hatten keinen frischen Ceresch-Tang zur Ver­fü­gung, denn die Erntearbeiter auf den Tangfeldern streikten gegen harte Arbeits­be­din­gun­gen und zu niedrige Löhne. Bewaffnete Einheiten des Konsortiums ver­such­ten, den Aufstand niederzuschlagen. Auch der Sirup, den die Techniker ge­ra­de ver­lu­den, war da­zu bestimmt, die Unruhen zu unterdrücken. Die Aufständischen waren ebenfalls bewaffnet, und sie planten, das Shuttle zu überfallen und den Sirup zu vernichten.

Aljoscha mußte den Transport verhindern. Bei seinem Verhältnis zu den Tech­nikern brauchte er dazu eine Anweisung des Kommandanten. Außerdem mußten die beiden Unter­händ­ler über die neue Lage informiert werden. Er überprüfte den Auto­dol der Protokolleinheit im Sitzungssaal. Nur die gängigen Handels­spra­chen wa­ren pro­grammiert. Sehr praktisch.

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“Milotschka, posluschai minutku…”

Miriam erschrak, als sie die Stimme des Funkers hörte, und als sie verstand, was er sagte, wurde sie äußerst besorgt. Sie schaute Stepian an; offenbar hörte er ge­rade die gleiche Nachricht. Er schaute sie an.
Was jetzt? Sie hatten keine Gelegenheit, sich abzusprechen, ohne von den Cres­decks verstanden zu werden. Während Miriam noch fieberhaft überlegte, wie sie die Direktoren am besten hinhalten konnten, sagte Stepian laut und deut­lich auf In­terkosmo: “Stop­pen Sie den Sirup-Transport auf der Stelle. Dies ist ein Befehl des Kom­man­dan­ten.”

E N D E

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