Der dritte Advent ist da und damit der Schnee, also ging es heute morgen mit dem Schneeschieber los. Da ich im November nichts zum NaNoWriMo habe verlauten lassen, gibt es hier einen Nachklapp-Schnipsel zum diesjährigen Roman. Yorgen (samt Krischi) habe ich beim Charakter-Wichteln im Tintenzirkel von Czara Niyaha bekommen. Er ist ein Nachkomme der hier schon mehrfach erwähnten Orks.
* * *
Yorgen schaute dem Treiben bei der Akademie eine Weile zu. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es um diese Jahreszeit schneien konnte. Zu Hause in Uwo war jetzt noch Sommer, wenn sie wieder zurückkamen, wäre wohl der Herbst schon bemerkbar. Aber sie waren eben am anderen Ende der Welt, und hier ging der Winter ins Frühjahr über und wollte sich noch nicht geschlagen geben.
Auf dem Hügel bei der Akademie waren Leute mit Schlitten und Skiern unterwegs. Damit hatte sich Yorgen noch nie näher befasst, denn auf Uwo gab es nicht so viel offenes Gelände. An dem Hügel dort hatten die Kinder eine Menge Spaß, aber aus dem Alter war er heraus. Das überließ er seinen Geschwistern.
Das hier sah schon etwas verwegener aus, und wenn er es richtig verstanden hatte, taten sich die Studierenden zusammen und fuhren in großen Reisekisten weiter hinauf in die Berge, um dort noch waghalsigere Abfahrten zu unternehmen. Ob er sich einer von diesen Gruppen anschließen konnte? Nach dem Festakt und dem Ärger mit den Elementarwesen waren die Tage bis zu ihrer Abreise für Verhandlungen und Papierkram vorgesehen. Dabei wurde Yorgen nicht gebraucht.
Er fragte sich, wie die Vanilbären wohl auf das Wetter reagierten. Sie hatten die weite Reise zu verkraften, die fremde Umgebung, einen Anschlag mit Elementargeschossen, und jetzt auch noch Schnee. Vermutlich bekam ihnen all das nicht besonders gut.
Im Tiergarten waren noch Morgenläufer unterwegs. Andere schoben die Wege frei, teils mit großen Schaufeln, teils mit speziell ausgerüsteten Transportkisten. Auf der Wiese, wo es vor wenigen Tagen gebrannt hatte, war eine Schneeballschlacht im Gang. Yorgen machte einen großen Bogen um sie. Er misstraute Wurfgeschossen inzwischen sehr.
Die meisten Tiere schienen sich nichts aus dem Wetter zu machen. Sie standen bei ihrem Futter oder geschützt unter Bäumen. Manche spielten genauso ausgelassen im Schnee wie die Zweibeiner. Als er zum Gehege der Vanilbären neben dem Alten Herrenhaus kam, sah es dort anders aus. Es lag wie verlassen, nicht einmal das Futter war angerührt. Eine Studentin mit braunem Pferdeschwanz stand davor und suchte systematisch jeden Winkel ab. Der Käfig war mit Ästen, Laub und allerlei Spielzeug ausgestattet, das jetzt unter weißen Hauben steckte. „Ich sehe sie nicht“, sagte sie unglücklich. „Und drin in der Hütte sind sie auch nicht.“
Yorgen war nicht sicher, ob er gemeint war. „Können sie denn ausgebrochen sein?“, fragte er trotzdem.
Die Studentin fuhr erschrocken herum und brauchte einen Augenblick, sich zu fassen. „Entschuldigung“, murmelte sie dann. „Ich dachte, es wäre …“
„Tut mir leid, ich bin Yorgen. Aus Uwo“, fügte er hinzu.
„Ach so. Ah ja.“ Dann schaltete sie: „Ihr habt die zwei doch mitgebracht. Weißt du vielleicht, wo sie sich verstecken könnten?“
Er schüttelte den Kopf. „Sie tarnen sich nicht sehr gut, schon gar nicht auf Schnee.“ Dann suchte er genau wie sie den Käfig ab, jeden Ast, jedes Seil, jedes lauschige Eck.
„Können wir in die Hütte gehen?“, fragte er dann.
Sie nickte. „Ach so, ich heiße Vareke“, sagte sie noch, dann ging sie voran in die Hütte. Sie hatte einen Schlüssel. Dann war sie wohl für die Versorgung der beiden Bären zuständig.
Drinnen war es ebenfalls verdächtig still. Zwei Kästen in der richtigen Größe hingen als Schlafhöhlen an der Wand, eine Stange führte zu ihnen hin. Vareke streckte sich und versuchte, in die Kästen hineinzuschauen.
„Soll ich dir Hilfestellung geben?“, fragte Yorgen und hielt ihr die Hände hin.
Sie schüttelte halbherzig den Kopf. Offenbar traute sie dem Ork doch nicht ganz über den Weg. Er zuckte die Schultern. „Na dann.“
Er griff in seine Jacke und holte Krischi heraus.
„Du hast ja eine Ratte!“, rief Vareke begeistert. „Und so schön gescheckt!“
Yorgen grinste. „Das ist Krischi. Sie kann uns helfen, die Vanilbären suchen.“
„Darf ich sie mal streicheln?“
Er schaute Krischi an. Sie beäugte Vareke neugierig und schnupperte an ihrer Hand. „Sieht aus wie ja“, meinte er.
Vorsichtig strich Vareke Krischi über den Kopf und machte ihr Komplimente. „Und du kannst auch noch Bären suchen?“, fragte sie dann. „Ja, mach das, wir Zweibeiner finden sie nämlich nicht. – Ist sie deine Vertraute?“, wandte sie sich an Yorgen.
Er schüttelte den Kopf. „So viel Magie habe ich nicht. Aber irgendwie verständigen wir uns meistens doch.“
„Spannend“, sagte Vareke.
Yorgen schickte Krischi in die beiden Schlafhöhlen. Man hörte sie darin rumoren, dann kam sie aus der zweiten mit einem Stück weißer Rinde wieder. Darauf war mit Kohle ein Gesicht gezeichnet, das die Zunge herausstreckte. Ein pelziges Gesicht mit Hauern.
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Mehr Schnee (und ein warmes Feuer im Ofen) gibt es bei Schatzzeiger.
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