Das Erbe des Horst Stroh

Die Sonne ging unter, als er zur Baustelle in der Rheinaue kam. Er war eben kein junger Hüpfer mehr. Noch rollten die Maschinen, hoben Erde aus und ebneten das Gelände ein. Der Besucher ließ das gleichmäßig eifrige Brummen, den Geruch von starken Motoren bei der Arbeit auf sich wirken. Da würde er gern wieder anfangen. Aber wer ließ ihn schon? In seinem Alter? Mit seiner Krankheit? Die war zwar offiziell überstanden, nur würde das kein Chef mit drei Gramm Hirn im Kopf glauben. Die wussten doch alle, was ein Schein mit Stempel vom Arzt wert war.

Über das Gebrumm erhob sich eine feine, helle Stimme. Aus dem Radio kam sie nicht. Woher sonst? Seine Ohren verrieten ihm die Richtung. Da drüben, bei den drei gefällten Erlen … Er schaute nicht hin. Er konzentrierte sich auf den Bagger, der seinen schnurgeraden Graben zog.

Die Stimme rief ihn, und es war nicht nur eine. Gegen seinen Willen wandte er den Kopf. Drei hübsche Mädels saßen auf den Stämmen, die langen Beine elegant übereinandergeschlagen, die Oberweite appetitlich im Schnürmieder präsentiert. Ein bisschen grün im Gesicht waren sie, das konnte er nicht leugnen. Er grinste und wandte sich wieder dem Bagger zu.

Die drei sangen ohne Worte, und unwillkürlich setzte sich der Mann in Bewegung. Er ging geradewegs durch die Baustelle, vorbei an den Absperrungen, ohne auf Rufe oder heftiges Winken zu achten, genau in den Weg des Baggers. Der hob den Löffel, um eine neue Ladung Erde aufzunehmen, und erfasste ihn am Kopf.

Die drei hübschen Mädchen auf den Baumstämmen lachten, als er zu Boden ging.

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