Es folgt eine neue Portion Lesestoff: „Die Klinge aus Salz und Mondschein“, Teil 8 der fantastischen Kurzgeschichte von Alice Auciello. Hier geht es zu den Teilen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7.

Lesestoff - Die Klinge aus Salz und Mondlicht

Ajan knurrte und schlug ihre Hand beiseite. Stattdessen packte er sein Schwert, das neben ihm auf dem sandigen Grund lag. „Ich habe gleich gesagt, dass du nicht kämpfen kannst!“ Mit einer blitzschnellen Bewegung hieb er auf sie ein, sodass sie zurückgeschleudert wurde und benommen durchs Wasser taumelte.

Wie von weit, weit her hörte sie, dass jemand ihren Namen schrie. „Silla!“ War das ihre Mutter? Silla drehte sich zu ihrer Familie um, die entsetzt auf sie und Ajan starrte, der wie eine Seeschlange auf Silla zuschoss. Mit letzter Kraft hob sie die Hand, um ihn abzuwehren, doch sie wusste, dass sie keine Chance hatte, die Wucht des steinernen Schwertes aufzuhalten.

Doch in diesem Moment befreite sich Aláti aus der Hand ihres Vaters, der erschrocken aufschrie.

Silla sah, wie die schimmernde Klinge auf sie zuschoss, und schloss die Augen. Auf einmal hörte sie wieder den Gesang, Alátis Gesang.

Silla riss die Augen auf. Mit einem leisen Geräusch landete Aláti in Sillas Hand, exakt in dem Moment, als Ajans Schwert auf sie niederfuhr. Aláti parierte den Schlag mit solcher Kraft, dass Ajan durchs Wasser geschleudert wurde und auf dem Sandboden zum Liegen kam.

Was soll das?“ brüllte er. „Vater, das darf sie nicht! Sie hat verloren!“

* * *

Doch es war nicht die Stimme des Vaters, die ihm antwortete, sondern die seiner Mutter. „Die Salzklinge hat Silla gewählt. Aláti hat sie gewählt, in dem Moment, als sie dich verschont hat, denn ein gutes Schwert weiß, dass die Kunst des Krieges nicht das Töten, sondern die Gnade ist.“

Sillas Vater wirkte immer noch sehr müde, doch er trat vor und nahm Silla bei den Schultern. „Meine Tochter, du hast gekämpft wie eine Kriegerin der Einsamen Garde. Und die Gunst des Schwertes hast du dir verdient. Das hat Aláti eindeutig zu erkennen gegeben.“ Dann wandte er sich an Ajan. „Komm nun, mein Sohn, lass mich deine Wunde heilen. Ich sehe jetzt, du hast noch viel zu lernen!“

Als ihr zeternder Bruder in Begleitung des Vaters verschwunden war, wurde Silla von ihren Geschwistern umringt. Jorgen berührte sanft ihre Schwanzflosse mit seiner, wie es der Brauch unter Meerwesen war, die Glückwünsche ausdrückten. „Du hast die richtige Wahl getroffen, wie ich sehe“, sagte er.

* * *

Dann wurde Silla beinahe von ihrer kleinen Schwester erdrückt, die sich vor Begeisterung kaum noch halten konnte. „Kannst du mir das Schwertkämpfen beibringen?“, fragte Meja aufgeregt und machte mehrere Purzelbäume.

Und zum ersten Mal fühlte sich Silla in der Gegenwart ihrer Geschwister nicht mehr, als würde der tiefste Graben des Meeres sie trennen. Sie war jetzt eine von ihnen. Auch sie konnte jetzt singen. Ehrfürchtig strich sie mit den Fingern über Alátis scharfe Klinge, wie sie es sich immer erträumt hatte.

Geht nun, Kinder.“ Der melodische Klang der Stimme ihrer Mutter riss Silla aus ihrer Verzückung. „Ich muss mit eurer Schwester allein sprechen.“

* * *

Fortsetzung folgt.

Über die Autorin: Alice Auciello, geboren im Jahr 1999, wuchs in Konstanz am Bodensee auf, wo sie schon früh begann, kleine Geschichte zu schreiben und diese mit grauenhaften Zeichnungen zu verzieren. Am liebsten schrieb die damalige Leistungsschwimmerin natürlich über Meerjungfrauen und andere Wasserwesen.

Seit 2018 studiert Alice Angewandte Medien- und Kommunikationswissenschaften in Thüringen, nebenbei arbeitet sie an ihrem ersten Roman.

Bild: Montipora (CC BY 2.0) , US Fish and Wildlife Service Headquarters, via Wikipedia


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