Hier kommt frisch gebackener Lesestoff – “Am 32. Nietember”, Teil III des Tortenmärchens.
Das Jüngste kam mit seinen Fitzelbeeren nach Hause und erzählte seinen Geschwistern, was ihm der Morgenvogel gesagt hatte.
„Übermorgen,“ sagte die Tochter.
„Übermorgen!“, rief der Sohn. „An die Arbeit!“
Sie knackten Nüsse und mahlten einen Teil davon fein. Sie mischten die Butter mit den schönen Farben aus Blüten, Blättern und Beeren. Sie hackten die dunkle Schokolade klein und schmolzen die helle zu einer Glasur. Sie verlasen die Fitzelbeeren, um nur mit den schönsten und besten ihre Torte zu verzieren.
Als der Teig zum Abkühlen auf dem Fensterbrett stand, gut bewacht, damit die struppige Tigerkatze nicht herankam, fragte die Bäckerin: „Wo wollt ihr die Torte denn hinbringen?“
Die drei schauten einander an. Der Sohn kratzte sich am Kinn. „Vielleicht bringen wir die Torte zum Hochtisch …“
„Nein, nein“, widersprach die Bäckerin. „Dort frisst die Wolke Nimmersatt alles weg, was man ihr hinstellt. Sogar das Brot, was der Bäcker im Nachbarort ihr bringt.“
„Wir müssen zum Niederschemel“, sagte die Tochter. „Das in ein Pilz, ein bisschen sieht er wie ein Tisch aus, und dort treffen sich die Feen zum Feiern.“
Alle schauten sie an.
„Weißt du, wo jetzt auch noch, wo das ist?“, fragte die Bäckerin.
Die Tochter nickte. „Man geht einfach von dem Hochtisch so lange nach unten, bis man einen Pilz mit einem breiten braunen Hut trifft. – Das weiß man doch“, fügte sie etwas ungehalten hinzu.
* * *
Im Nachbarort saß der Bäcker vor seiner Tür auf der Bank, kraulte die struppige Tigerkatze und fütterte sie mit Fisch.
Dann ging er gemächlich an die Arbeit. Nach dem bewährten Familienrezept nahm er Eier und Schmalz, Zucker und Salz, Milch und Mehl und rührte es kräftig zu einem Teig. Den Safran ließ er weg, der war zu teuer. Am nächsten Tag verzierte er das Ergebnis mit geschlagener Sahne und Belegkirschen. Fertig war die Geburtstagstorte.
* * *
Dann sang der Morgenvogel zum zweiunddreißigsten Nietember. Die Kinder der Bäckerin setzen ihre Blumentorte auf ein Brett und machten sich mit einer Trage auf den Weg zum Niederschemel. Das Jüngste ging voran, es folgte dem Morgenvogel. Der fragte misstrauisch: „Habt ihr wirklich keine Katze dabei?“
„Nein“, versicherte das Jüngste.
Trotzdem sah sich der Vogel gründlich um und klapperte unwillig mit dem Schnabel, als er doch aufflog, um ihnen den Weg zu zeigen.
Die beiden Älteren trugen die Trage bis zu dem Pilz mit dem breiten braunen Hut und setzten die Torte sorgfältig in die Mitte. Sie sah sehr prächtig aus.
„Wir haben es zu dritt gemacht, und es ist gut geworden“, stellten sie zufrieden fest. Sie schauten sich um, ob sie nicht die Fee entdecken konnten, für die das Geschenk gedacht war. Aber sie ließ sich nicht sehen. Dafür war sie eben eine Fee. Also gingen sie nach Hause.
Müde, aber glücklich machten sie sich an die Arbeit im Laden. Sie verkauften Brot und Kuchen an die Leute aus dem Dorf, und alle bekamen noch ein wenig von den Tortenzutaten: Fitzelbeeren, Nüsse oder Schokolade.
* * *
Fortsetzung folgt.
Bild: Pixabay
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