Am 23. März fand in Stuttgart ein Seminar des VfLL statt, mit dem Titel „Online-Recherche im Lektorat“. Referent war der Journalist Albrecht Ude.

Im ersten Teil der Veranstaltung ging es unter anderem darum, welche Suchmaschine zu welcher Anfrage die besten Ergebnisse liefert. Das führte umgehend weiter zu der Frage, wie wir selbst im Netz gefunden werden. Für freischaffende Büchermenschen ist das von wesentlicher Bedeutung. Schließlich wollen wir – in seriösen, professionellen Zusammenhängen – möglichst schnell und leicht sichtbar sein.

Das wäre allerdings ein Thema für ein eigenes Seminar, ebenso die Spuren, die wir mehr oder weniger freiwillig hinterlassen. Einige große Akteure sind ja für ihre Datensammelwut hinreichend bekannt, und zu ihnen gibt es Alternativen (siehe „Eine Woche ohne“). Welche davon wann sinnvoll sind, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden, und es gibt gewisses Handwerkszeug, um die Suche zu verfeinern und schneller an die relevanten Ergebnisse zu kommen.

Eine grundlegende Frage ist zum Beispiel: Wer müsste die Antwort haben, die ich gerade suche? Gibt es einen mehr oder weniger offiziellen Ansprechpartner für das anliegende Thema? Oft hilft diese Stelle schon weiter. Ich bin zum Beispiel für das eine oder andere Projekt auf der Website des Anbauverbandes Bioland fündig geworden.

Ältere Netzinhalte, von denen man vielleicht hofft, dass sie endgültig im Orkus gelandet sind, findet die Wayback Machine wieder. Sie ist mir vor Kurzem tatsächlich in einer Übersetzung begegnet, die für einen Schadenersatzprozess gebraucht wurde. Dann gilt diese Quelle offenbar als so seriös, dass sie bei Gericht verwendet werden kann. Ähnlich scheint es mit Bild-Metadaten und den dort auffindbaren Hinweisen zu sein.

All das erscheint mir recht spannend für journalistische Recherche, aber auch für Leute, die zeitgenössische Spannungsliteratur schreiben. Ich stehe öfter vor der Frage, was meine Helden auf welchem Weg herausfinden und umgekehrt, wie die Schurken ihre Spuren verwischen können. Das Ganze in ein Fantasy-Setting zu verpflanzen, wäre die nächste Herausforderung.

Im Lektorat setzt diese Arbeitsweise allerdings ein Grund-Misstrauen gegen die Autor*innen, gegebenenfalls auch den Verlag voraus, das ab einem gewissen Punkt kontraproduktiv erscheint. Ja, mitunter ist es angebracht, und es wächst sicher mit jedem Element, das als unstimmig enttarnt wird. Bei einem Roman wäre dann auszudiskutieren, was eventuell unter „künstlerische Freiheit“ fällt oder was von den Konventionen des jeweiligen Genres gedeckt wird.

Bei Sachbüchern wäre es eher von Bedeutung, die angegebenen Quellen nachzuprüfen. Ich halte die Wahrscheinlichkeit trotzdem für gering, dabei z. B. auf einen nicht existenten Berufsverband zu stoßen. Leider war das Seminar an der Stelle zu Ende, als das Thema Datenbanken und der geschickte Umgang damit an der Reihe gewesen wäre. Vielleicht gibt es dazu ja mal eine weitere Veranstaltung mit einem im Web heimischen Menschen, der hauptberuflich lektoriert.

Und jetzt mache ich mich trotzdem ganz offline auf den Weg, um Rechercheliteratur zu finden: Katzen (immer noch) und Streichinstrumente.